Jugendwerkhöfe in der DDR
ein dunkles Kapitel sozialistischer Heimerziehung


 

 

Organisation der Jugendhilfe

Die Verwaltung der DDR funktionierte so, dass Beschlüsse von „oben“ nach „unten“ durchgesetzt wurden.

Die Abteilung der Jugendhilfe/Heimerziehung und der zentrale Jugendausschuss im Ministerium für Volksbildung waren oberste Organe der Jugendhilfe.

Ministerin für Volksbildung der DDR war von 1963 bis 1989 Margot Honecker. Kathrin Begoin schreibt, dass die Einrichtungen allein Erich Honeckers Ehefrau unterstanden haben und sie dort die volle Entscheidungsgewalt gehabt habe.

Die Referate Jugendhilfe/Heimerziehung, die Jugendhilfeausschüsse und Vormundschaftsräte beim „Rat des Bezirkes“ waren auf Bezirksebene angesiedelt, während es auf Kreisebene gleichnamige Ausschüsse beim „Rat des Kreises“ gab.

Auf kommunaler Ebene arbeiteten die Jugendhilfekommissionen, deren Mitarbeiter ehrenamtlich tätig waren und den direkten Kontakt zu Betroffenen hatten.

Etwa die Hälfte der Jugendhelfer stammte aus pädagogischen Berufen, die anderen 50% waren engagierte Bürger, die als „politisch bewährt“ eingeschätzt wurden.

Für die verschiedenen Bereiche des Alltags im Jugendwerkhof existierten verschiedene Betreuer: Ein Hauptleiter, der sich sowohl um die technischen als auch die wirtschaftlichen Aspekte sorgte und gleichzeitig auch der Haupt – Erzieher war. Dieser war sowohl dem Schulleiter, dessen Zuständigkeit aus der schulischen Bildung der Jugendlichen im Heim und den Belangen der entsprechenden Lehrer bestand, als auch dem Erziehungsleiter, der sich um Erziehungspläne und die Gruppenerzieher zu kümmern hatte, übergeordnet. Außerdem gab es noch einen Wirtschaftsleiter, der sozusagen die Position eines Geschäftsführers innehatte und einen Ausbildungs- und Werkstattleiter, der für die berufspraktische Ausbildung Sorge zu tragen hatte.

Die Jugendhilfe arbeitete sehr eng mit der Gesellschaft und vielen ehrenamtlichen Helfern zusammen. Sowohl Betrieb und Schule als auch Jugendorganisation trugen eine große Erziehungsverantwortung und hatten dieser in schwierigen Situationen nachzugehen. Sobald Mitarbeiter der Jugendhilfe Hinweise auf die Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen oder das „Fehlverhalten“ deren Familien erhielten, mussten sie sich darum kümmern. Diese Aufgabe übernahmen in der Praxis hauptsächlich die Jugendhelfer.

Man führte Analysen durch und untersucht die Sozialbeziehungen der Familie, ihre Lebensordnung, das Sozial- und Leistungsverhalten des Minderjährigen und natürlich auch die politische Einstellung.

Auf diese Weise gerieten viele Jugendliche und Familien in das Visier der Staatssicherheit.

Jugendhilfekommissionen sorgten sich um das individuelle Erziehungsprogramm und legten Hilfsmaßnahmen fest, deren Einhaltung sie regelmäßig kontrollierten. Wenn die Minderjährigen oder deren Familien sich nicht daran hielten, wurde meistens zwangsweise eingegriffen.

Dass viele Jugendhelfer und Mitarbeiter die Macht ihrer Positionen ausnutzten, ist leicht vorstellbar.